Interview Marina Friess: "Wahrhaftigkeit! Das beschreibt alles, was wirklich wichtig ist"

Marina Friess, Gründerin von Feminess, Coach, Autorin und Speakerin im Interview über Tiefschläge, Mut und die Freude am Leben. Sie sagt: Fehler, Fehltritte sind erlaubt, denn daran können wir lernen und wachsen. Aber, das Wichtigste bei allen Entscheidungen: „Sei du selbst!“

Gab es mal einen Karriereplan?
Den gab es schon, aber in eine ganz andere Richtung. Als gelernte Kosmetikerin wollte ich mit den Stars und Sternchen um die Welt reisen! Das war der Plan. Ich habe sehr schnell gemerkt, dass dieser Weg nicht der meine ist. Durch Zufall bin ich in die Weiterbildungsbranche gestolpert, war 7 Jahre selbstständig und erst dann entstand die Idee Feminess zu gründen.

Haben Sie Vorbilder, die Sie inspirieren?
In Deutschland ist das für mich ganz klar Barbara Schöneberger! Besonders im Moderationsbereich ist sie sehr gut. Ich finde wir sind uns auch ganz ähnlich! Witziger weise gibt es Parallelen: sie hat das Magazin „Barbara“ herausgebracht und ich das Feminess Magazin – fast zur gleichen Zeit und ganz unabhängig voneinander! (lacht)
Im Trainingsbereich ist Anthony Robbins mein Favorit.

Erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie aufgeben wollten?
So lange ich mein Unternehmen Feminess führe, gab es diese Situation nicht, aber in der Zeit davor. Ich habe mich nie richtig beraten oder coachen lassen, habe viele Fehler gemacht und schlussendlich das Unternehmen gegen die Wand gefahren. Ich war stark überschuldet und musste mein Leben, meinen Lebensstandard auf null zurückfahren! Dann stand natürlich die Frage im Raum, mache ich überhaupt weiter? Lasse ich mich wieder anstellen? Dann hätte ich mehr Sicherheit und mehr Ruhe! Aber eine Festanstellung war und ist für mich keine Option! Deshalb stellte ich ganz schnell fest, ich baue etwas Neues auf!
Natürlich gibt es auch Phasen, in denen ich mich frage: Was kann denn noch schiefgehen? Aber ich glaube, das kennt jeder.

Brauchen wir in Deutschland eine neue Fehlerkultur?
Wir sind natürlich durch die Geschichte geprägt. Wir wollen alles perfekt machen, immer die Nr. 1 sein, viel arbeiten, um sich etwas aufzubauen. Jeder macht es auf seine ganz eigene Weise mit sich aus. Ich benötige meine Zeit, um mir über viele Dinge klar zu werden. Und danach kann ich mit anderen meine Erfahrungen teilen oder nach einem Rat fragen. Was ich mit der Plattform Feminess schaffen möchte? Ich wünsche mir einen offenen und ehrlichen Austausch, z.B. bei unseren Communitytreffen. Das ist eine Plattform, auf der sich Frauen austauschen können, z.B. wie das Business läuft, um Rat fragen, inspirieren lassen oder der Austausch, was gut oder weniger gut läuft. Ich will kein Netzwerk im herkömmlichen Sinne aufbauen, da gibt es bereits genügend Gute.

Da stimme ich Ihnen 100-prozentig zu: Es ist eine verbreitete Meinung: Es gibt doch schon so viele Frauennetzwerke! Nein, gibt es nicht! Jede Frau ist einzigartig und jede Frau sucht sich genau die Plattform, die für sie richtig ist und wo sie ihren Mehrwert findet. Demzufolge kann es nicht zu viele geben! Oder, wie sehen Sie das?

Definitiv! Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Ich habe viele Kooperationen mit anderen Frauennetzwerken und -verbänden. Dann zeigt sich, jede Frau findet die Gruppe, wo sie sich wohlfühlt und wo sie den Austausch bekommt, den sie zu dem Zeitpunkt benötigt. Das Wichtigste dabei, dass Frauen nach „draußen schauen“, auf Veranstaltungen oder auch online gehen. Hauptsache, sie bekommen neue Ideen und Impulse, einfach mal über den eigenen Tellerrand hinausschauen.
Da bin ich ganz bei Ihnen!

Haben Sie einen Rat für Frauen, die bereits längere Zeit in ihrer Karriere feststecken und keinen Weg finden?
Da bin ich bei mir ganz klar! Wenn man an diesem Punkt angekommen ist, sollte man auf jeden Fall etwas tun, was man vorher noch nie getan hat! Das Problem ist, wir befinden uns in einer Spirale oder Hamsterrad mit immer wieder den gleichen Ergebnissen. Das heißt, wenn man andere Ergebnisse will, muss man etwas ganz Anderes tun. Den Spruch kennt jeder, die wenigsten setzen es um. Und was ich dabei immer extrem wertvoll empfinde, wenn man sich dann jemanden an die Seite holt, der einen berät oder coacht. So manches Mal können wir gar nicht so groß denken, wie wir handeln könnten! Ich bin ein absoluter Fan davon Seminare zu besuchen, in Austausch zu gehen oder mich coachen zu lassen. Eigentlich ist es wie mit dem Autofahren! Ich nehme mir einen Fahrlehrer, der mir zeigt, wie es funktioniert und ich werde mit dem notwendigen Wissen und Können ausgestattet.

Mir begegnet es immer wieder, dass Frauen, die sich in ihrer Lebensmitte befinden, nach einer neuen Herausforderung, nach einem neuen Weg für sich suchen. Oder den Entschluss treffen, ihr Leben auf „links“ zu drehen. Können Sie diesen Frauen eine Idee mitgeben?
Das ist ein ganz normaler Prozess. Das hat zwei Hintergründe: Der Erste: die Familienplanung ist abgeschlossen, die Kinder sind groß, verlassen das Haus, gehen zum Studium. Dann kommt die Zeit, die Kraft und Energie nun wieder für sich beanspruchen zu können. „Jetzt bin ich dran, ich will jetzt etwas Neues, etwas für mich tun.“
Oder es sind die sogenannten Six human needs, das sind die Grundbedürfnisse, die jeder Mensch hat. Im Laufe des Lebens erfüllt er einen Teil dieser Bedürfnisse. Wenn ein Teil dieser Grundbedürfnisse erfüllt ist, kommt dann ein höherer Wert. Das bedeutet, einen Beitrag zu leisten, etwas Sinnhafteres zu machen, als das, was man vielleicht bisher gemacht hat. Genau das ist dann der Punkt, an dem man sich hinsetzt und sagt: „Mensch, das, was ich bisher gemacht habe, ergibt für mich keinen Sinn mehr, daran habe ich keine Freude mehr. Ich möchte etwas machen, wo ich einen größeren Beitrag leisten kann.“
Meine Empfehlung: Nicht alles auf einmal über den „Haufen werfen“ und alles in Frage stellen! Dort ist es wichtig, in diesem Moment, einen kühlen Kopf zu bewahren, mit der Familie zu sprechen, alle ins Boot zu holen, überlegen, was macht mir Sinn, was will ich machen? Wenn es in Richtung Selbständigkeit geht, ist die wichtigste Grundlage, einen Plan zu erarbeiten. Ich empfehle, dann nebenher ein Business aufzubauen Step by Step, bevor ich dann überhaupt nachdenke, den Hauptjob hinzuwerfen!

Welchen Einfluss möchten Sie auf die Frauen haben?
Ich möchte Frauen zeigen, dass noch viel mehr in ihnen steckt, als sie bisher erahnen können. Ich möchte ihnen klarmachen, dass sie so wie sie sind bereits gut genug sind. Und alles was dann kommt ist „nice to have“. Es geht nicht darum, besser zu werden, indem man mehr Geld hat oder mehr Erfolg oder mehr Sichtbarkeit. Ich finde, es wird viel zu viel über die Äußerlichkeiten definiert wird.
Mal Hand aufs Herz, wenn eine Frau 2 Kinder großgezogen hat, die sich gut entwickelt haben, dann hat sie doch schon viel erreicht! Alles andere kommt dann on the top. Und das ist mir wichtig, dass das mehr Platz in unserer Gesellschaft bekommt.

Wovon wollen Sie 2018 etwas mehr tun und wovon weniger?
Also 2018 wird mein Familienjahr. Zeit haben, wir wollen ein Kind bekommen… na ja, das schaffe ich 2018 nicht mehr! (lacht) … aber zumindest die Vorbereitung treffen!
Ich möchte 2018 noch viel mehr Frauen erreichen. Die großen Ziele sind schon gesteckt. Aber ich möchte noch mehr Zeit für meine privaten Dinge haben.

Können Sie den Alltag mal komplett hinter sich lassen?
Ja, mittlerweile schon, am Anfang nicht! Aber das ist ganz ok. Da bin ich ganz realistisch. Wenn man mit der Selbständigkeit beginnt, dann muss man bereit sein den Preis zu bezahlen. Der Preis ist natürlich zum einen die Investition, die man tätigen muss, aber es ist auch viel Zeit, die investiert werden muss.
Bei mir gilt das „Ackergaul-Prinzip“ – erst ackern und dann den richtigen Zeitpunkt finden, einen Gang runter zu schalten. Den habe ich jetzt für mich gefunden. Insbesondere in den letzten 1 ½ Jahren, wo ich ganz massiv runtergefahren habe, einfach auch nicht mehr so viel unterwegs sein. Jetzt schaffe ich es auch, komplett abzuschalten, aber man muss es üben!

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, wie würde der aussehen?
Dass Frauen sich mehr trauen sich zu zeigen.
Privat hätte ich gern ein Haus am Meer.
Was macht Sie glücklich?
Dass ich die große Freiheit habe, mir meinen Tag so zu gestalten, wie ich ihn gerne hätte. Ja, das trifft es, dass ich frei sein kann!
Vervollständigen Sie bitte den Satz: Mein Leben ist….
Alles andere als langweilig. (lacht)

Was macht Hannover besonders für den Feminess Kongress?
Hannover ist für uns so besonders,
… weil wir das erste Mal mit dem Feminess Kongress in Hannover sind.
… weil die hannöverischen Frauen einen ganz besonderen Spirit haben – schaut man alleine in die List / Oststadt erkennt man dort, dass hier viele Frauen ihr Ding machen. Ob als Köchin, Designerin für Kinder- oder Damenmode – hier wird Individualität und Unternehmerinnen-sein gelebt.
… weil man Frauen und Hannover sehr oft unterschätzt ???? – das sollte man nicht tun!
… weil Hannover einfach schön ist! Maschsee, Eilenriede, Erlebnis-Zoo… u.v.m

Vielen Dank für dieses sehr anregende Gespräch.

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